Grigori Sokolov

  • Ersteller des Themas schmickus
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Aber Hauptsache: Erst einmal den Stab über andere brechen, ohne groß nachzudenken.

Ja, das stimmt natürlich. Allerdings stört es mich auch massiv, wenn reihenweise die Leute am besten schon beim Hauptapplaus nach dem letzten Stück (ohne Zugaben) rausgehen und das war letztes Jahr bei Sokolov auch so (dieses Jahr war ich nicht da). Und ob das alles Chirurgen sind..... .

Es gibt auch Leute wie mich, die dann noch 2 Stunden fahren (nach den Zugaben), um dann um 8 Uhr am nächsten Morgen den ersten Schüler zu unterrichten. Ich empfinde das reihenweise vorzeitige Verlassen eines Konzertes als sehr unhöflich. So oft erlebt man solche Klavierabende nicht und ich empfinde mich durchaus als Gast und gehe erst dann, wenn die Party zu Ende ist.

Liebe Grüße

chiarina
 

So etwas kam mir in den Sinn, als ich Deinen Beitrag gelesen habe.

Eigentlich hätte ich mich doch angegriffen fühlen können weil ich es war, die darüber geschrieben hat, dass es meiner Ansicht nach taktlos ist schon beim letzten Klang den Konzertsaal zu verlassen. Aber ich fühle mich nicht angesprochen, denn ich habe ja nachgedacht, z.B. hiermit:

Oder sie müssen am nächsten Tag zur Arbeit.

Leider hatte ich jene vergessen zu erwähnen die ihren Zug erreichen müssen. Diese sind mir später noch eingefallen.

Lara, ich hatte eigentlich gehofft, dass Du Deinen virtuellen „Kampf“ gegen Klavierlehrer aufgegeben hättest.

Wäre es nicht schöner sich darüber zu freuen über den eigenen Schatten gesprungen zu sein, Vorbehalte aus dem Weg geräumt zu haben und sich in eine Menschenmenge von 2.000 Musikliebhaber getraut zu haben? Und dadurch einen schönen Abend mit wundervoller Musik genossen zu haben?

Verletzte Seelen können einem das Leben zur Hölle machen. Aber wir müssen es nicht länger zulassen. Wir können es „umprogrammieren“. Es braucht seine Zeit und es erfordert unglaubliche Energien. Aber der steinige Weg lohnt sich denn...

...Schicksalsschläge machen einen stärker

Ich werde demnächst in der Philharmonie Ausschau halten nach einer jungen Frau mit Kopftuch. Möglicherweise bist Du es ja denn es wäre schön, wenn Du öfter den Weg in einen Konzertsaal und unter Menschen finden würdest. Aber Du bist ja bereits auf einem guten Weg und es wird noch besser werden.
 
Ja, das stimmt natürlich. Allerdings stört es mich auch massiv, wenn reihenweise die Leute am besten schon beim Hauptapplaus nach dem letzten Stück (ohne Zugaben) rausgehen
Trotz alledem finde ich, das muß man auch den Leuten selbst dann überlassen. Es ist schon ein bisschen intolerant, von anderen Menschen einzufordern, so und so lange stoisch auf einem Stuhl sitzen zu bleiben, wenn sie - aus welchen Gründen nun auch immer - das nicht wollen.
 
Trotz alledem finde ich, das muß man auch den Leuten selbst dann überlassen. Es ist schon ein bisschen intolerant, von anderen Menschen einzufordern, so und so lange stoisch auf einem Stuhl sitzen zu bleiben, wenn sie - aus welchen Gründen nun auch immer - das nicht wollen.

Das hat nix mit (In-)Toleranz, sondern Höflichkeit zu tun. Und mit Gepflogenheiten, die es für viele Situationen im Leben gibt.
 
Dreiklang, es ist abwegig von jemandem zu fordern so lange sitzen zu bleiben wie das Konzert und die Zugaben dauern. Denn jeder muss selber wissen was er macht, denn jeder hat seine Gründe für seine Handlungen und Verhaltensweisen. Aber solche Verhaltensweisen dürfen anderen missfallen. Gefordert hat hier niemand das Sitzenbleiben bis zum Verlöschen der Beleuchtung. Wir haben unsere Meinung und unsere Ansicht kundgetan, ich wüsste nicht was daran falsch ist.
 
Liebe Marlene,

wir sind uns da prinzipiell einig. Aber chiarina ist in #41 m.E. ein wenig über das Ziel hinausgeschossen. Und:
ich empfinde mich durchaus als Gast und gehe erst dann, wenn die Party zu Ende ist.
ich z.B. bleibe auf Parties grundsätzlich so lange, wie ich will. Das kann auch bis ultimo sein... ;-)kommt aber eben immer darauf an, wie gut ich mich dort amüsiere.
 
Am Montag hatte ich eine Verabredung mit zwei reifen Herren und beide haben mich sehr beglückt. Und wenn Herr Sokolov zehn Zugaben gegeben hätte, dann wäre ich (sehr gerne) geblieben (obwohl mein Sitz ziemlich unbequem war). Denn ich wäre der Musik der beiden reifen Männer (Chopin und Sokolov) nicht überdrüssig geworden. Weil man Herrn Sokolov nicht alle Tage spielen hört. Weil die Musik an diesem Abend mich nicht übersättig oder sonstwie belastet hat - ganz im Gegenteil. Ich habe jedes seiner Stücke genossen und ich denke nicht, dass "der harte Kern" geblieben ist weil man es für den gleichen Preis "bekommen" hat. In Bezug auf Sokolovs pianistische Fähigkeiten und seiner Darbietung war es ein fast schon beschämend geringer Eintrittspreis. Soeben habe ich die Karte aus dem Papierkorb gezogen: 27,50! Für Sokolov! Für Sokolov??? Für unser Geld haben wir ein Vielfaches von dem bekommen, das wir für die Eintrittskarte bezahlt haben.

Na, egal, jeder hat seine Wahrnehmungen und Ansichten was ja auch gut ist.

So, herrje, ich verzettele mich hier. Ich muss was tun... ;-).
 
Aber chiarina ist in #41 m.E. ein wenig über das Ziel hinausgeschossen.


Lieber Dreiklang,

mein Ziel war, meine Empfindungen zu beschreiben und da habe ich doch voll ins Schwarze getroffen. :coolguy:

ich z.B. bleibe auf Parties grundsätzlich so lange, wie ich will. Das kann auch bis ultimo sein... ;-)kommt aber eben immer darauf an, wie gut ich mich dort amüsiere.

Der Unterschied zu einem Klavierabend ist, dass es sehr auffällt, wenn mehrere sich von ihren Sitzplätzen erheben und den Saal verlassen. Aber es kann natürlich sein, dass es auch total auffällt, wenn du eine Party verlässt. :heilig:

Insgesamt entscheidet man nach Möglichkeit selbst, ob man alles nur von der eigenen Warte betrachtet oder auch mal überlegt, wie eigene Verhaltensweise auf andere, in diesem Fall den Pianisten und das Publikum, im anderen Fall den Gastgeber, wirken. Emotionale Intelligenz und soziale Kompetenz sind ja Fähigkeiten, die vorkommen sollen.

Liebe Grüße

chiarina
 

Ich hoffe, dass zu dieser Diskussion eine Aussage von Nikolai Lugansky sehr zutreffend sein wird:

"Falls man zum Konzert geht, um sich zu entspannen und zu beruhigen, ist das kein guter Zuhörer. Ein gutes Publikum kommt, um mit dem Künstler etwas höheres und bedeutsames zu schaffen."

Ich kann die anderen nicht beurteilen, aber das erlebt man nicht immer, dass der Pianist eine Stunde lang Zugaben spielt, obwohl kein Mensch ihn dazu zwingt. Vor allem dem Künstler wie Sokolov (der übrigens am nächsten Morgen auch aufstehen und nach Berlin zum nächsten Konzert fahren muss) bin ich dafür aber besonders dankbar.
 
Verletzte Seelen können einem das Leben zur Hölle machen. Aber wir müssen es nicht länger zulassen. Wir können es „umprogrammieren“. Es braucht seine Zeit und es erfordert unglaubliche Energien. Aber der steinige Weg lohnt sich denn...

Möglicherweise habe ich mich hier - wie in "Vertraut Ihr..." wieder missverständlich ausgedrückt. Meine Worte könnten auch so aufgefasst werden, dass ich ja gut reden kann über Dinge, die anderen widerfahren sind. Daher möchte ich noch etwas erläutern. Und zwar besonders Dir, Lara, weil Du keine PN lesen willst und ich Dich anders nicht erreichen kann. Ich will nicht, dass Du Dich verletzt fühlst durch meine im Zitat stehenden Worte.

Es nutzt nichts in der Vergangenheit zu leben und mit dem Schicksal der Vergangenheit zu hadern denn man kann nichts, aber auch gar nichts an dem ändern was passiert ist - egal wie erschreckend und belastend es damals war. Aber man kann an den Erinnerungen und an den Schmerzen arbeiten, an der Wahrnehmung des Geschehenen, damit sie nicht immer weiter die Gegenwart vergiftet. Wenn man sich immer wieder zwanghaft mit dem vergangenen beschäftigt, wenn man bei vermeintlichen Angriffen immer wieder "auskeilt", wenn also alte Wunden aufgerissen werden, dann macht man sich sein Dasein nur noch schlimmer. Das geschieht natürlich erstmal unterbewusst, aber es geschieht. Man will aber besser, ruhiger, glücklicher und gelassener leben. Man wird niemals vergessen was passiert ist, aber man kann lernen, dass es immer weniger weh tut. Die Erinnerungen bleiben, aber die Emotionen verblassen immer mehr - wenn man es zulässt seine Wahrnehmung zu ändern.

Schmickus, ich weiß wie Du über derartige Worte denkst und es handelt sich hier um Dein Thema über Grigory Sokolov. Ich hoffe Du verzeihst mir diesen Abstecher ins OT (den ich aber für wichtig halte). Aber immerhin haben es Herr Sokolov und Laras Klavierlehrerin geschafft Lara in die Philharmonie zu locken und damit ist das OT nicht ganz so weit weg wie es zu sein scheint.
 
Liebe chiarina,
Insgesamt entscheidet man nach Möglichkeit selbst, ob man alles nur von der eigenen Warte betrachtet oder auch mal überlegt, wie eigene Verhaltensweise auf andere, in diesem Fall den Pianisten und das Publikum, im anderen Fall den Gastgeber, wirken.
damit hast Du selbstverständlich recht. Aber ich kann in diesem Fall nicht über meinen Schatten springen: es steht sozusagen das "Recht einzelner" (die nicht bleiben wollen) gegen "Gutes Benehmen" und das "Recht von anderen" (der Künstler und die anderen, die nicht gestört werden wollen).

In diesem Fall tendiere ich dazu, dem "Recht einzelner" den Vorrang zu gewähren. Übrigens in jedem Konzert, das hat gar nichts mit Sokolov zu tun. Man könnte u.U. (auch wenn das vielleicht nicht angebracht ist), damit argumentieren, daß jeder Konzertbesucher ein Produkt gekauft, bezahlt und konsumiert hat. Im Grunde ist der erste Schlußapplaus auch der erste Endpunkt dieses Produktes, finde ich.

Viele Grüße
Trisonus

p.s. ich war früher Kinogänger, und es ist, wenn auch selten, vorgekommen, daß ich von einem Film so enttäuscht bzw. genervt war, daß ich mittendrin gegangen bin (möglichst leise und unauffällig natürlich). Sicher nicht die Feine Englische - aber mei... :coolguy:;-)
 
Hier die Kritik des Konzertes in Köln (07.04.2014) aus der Feder von Stefan Rütter (Kölner Stadt-Anzeiger):

"Die Besuche Grigory Sikolovs in der Kölner Philharmonie haben mittlerweile den Charakter beweglicher Feiertage angenommen.

Der diesjährige war ganz dem Genius Frédéric Chopins gewidmet – und die Fangemeinde des großen russischen Pianisten hatte das Haus bis auf den letzten Platz gefüllt. Neben der Sonate h-Moll spielte Sokolov eine Auswahl Mazurken, chronologisch geordnet von der schlichten Tanzsymmetrie der frühen Nummern bis zur versponnenen Chromatik des Spätwerks. Sokolov interessierte hier nicht das Folkloristische, nicht die musikalische Abbildung der Körperbewegung. Unter seinen Händen waren es eindringlich erzählte Balladen im Dreiertakt, bei denen die tanzverhindernde Einebnung schwerer und leichter Taktzeiten Raum für eine hochdifferenzierte Deklamation der Melodielinie schuf.

Der tuberkulöse, zärtlich-fragile Chopin ist in diesen Stücken ohnehin nicht zu Hause – auch nicht in der h-moll-Sonate, die Sokolov mit großem und offenem Ton referierte, erdschwer, breit, konkret. Die strenge Rhetorik dieser Interpretation stellte das Werk deutlich in die Nachfolge Beethovens. Das ist fraglos berechtigt, aber trotzdem nur die eine Seite der Wahrheit: Den kapriziösen Übermut des Scherzos, die visionöre Entrückung des langsamen Satzes hielt Sokolov so weit auf Distanz, dass entscheidende poetische Qualitäten des Werkes verborgen blieben.

Das Konzert beendete, wie gewohnt, ein üppiges Zugabenpensum, das diesmal nahezu eine Stunde währte. Man mag kritisieren, dass derlei die innere Dramaturgie in Schieflage bringt – aber gerade hier ereignete sich der Höhepunkt des Abends: Franz Schuberts spätes Klavierstück Es-Dur D 946/2 ließ Sokolov aus lichter, terzenseliger Höhe in dunkelste Abgründe blicken, ein musikalisches Psychogramm von atemberaubender Dichte".


Einige von Euch haben das Konzert erlebt und daher hoffe ich, dass Ihr mir weiterhelfen könnt. Was mag gemeint sein mit dieser Aussage:

„... dass entscheidende poetische Qualitäten des Werkes verborgen blieben“.

Bei YT gibt es auch Einspielungen von Pogorelich, Trifonov, Gilels, Zimerman und Andsnes. Ist eine dabei welche mir die angeblich von Sokolov nicht vorgetragenen „poetischen Qualitäten“ erschließen können?
 
Sokolov deutet die Werke einfach anders als man es sonst gewohnt ist und man denkt sich am ende: So muss es eigentlich gespielt werden! Ähnliches kenne ich bei Pogorelich... der Kritiker sass übrigens direkt vor uns und hat mich immer böse angesehen weil ich so laut applaudiert habe ;) Highlight war übrigens in der Tat genau dieser Schubert.... und heute Abend geht es mit Trifonov weiter!
 
Liebe Marlene,
Einige von Euch haben das Konzert erlebt und daher hoffe ich, dass Ihr mir weiterhelfen könnt. Was mag gemeint sein mit dieser Aussage:

„... dass entscheidende poetische Qualitäten des Werkes verborgen blieben“.
Du verzeihst, aber ich finde es putzig: Du legst zum zweitenmal Kritikersätze auf die Goldwaage... ;-)
Du entwickelst Dich zum Konzertkritik-Kritiker...:-)

Mein Tipp: versuche zunächst selbst zu entscheiden, ob es wohl stimmen könnte (zunächst überlegen: hat denn das Werk "poetische Qualitäten"...? Falls ja: "blieben diese verborgen", Deiner Ansicht nach, oder nicht?)

Viele Grüße ;)
 
... der Kritiker sass übrigens direkt vor uns ...

Er hat vor der Pause vorne in Block E gesessen, wenn ich es richtig gesehen habe. Ich frage mich warum er nicht dort geblieben ist.

Chris, mir hat Sokolovs Sonate gefallen, besonders das Largo war für mich eines der Highlights (bei mir auch der Schubert).

Poesie verbinde ich in erster Linie mit Literatur. Aber poetisch ist meines Wissens nach auch ein Synonym für "ausdrucksstark", "zauberhaft" und "schöpferisch kunstvoll". Meiner Meinung nach hat Sokolov genau so gespielt und zwar von 20:00 h bis 23:00 h (Pause abgerechnet).
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Marlene,

Mann, in meinem Kopf fahren die Gedanken Karussel, das ist echt starker Tobak. Aber ich glaube daß ich verstehe was du meinst. Wegen der Wahrnehmung habe ich koelnklaviers Beitrag nochmal gelesen auf den ich so angesprungen bin.

Wolfgang ich bitte dich um Entschuldigung für meine derben Worte.

LG,
Lara (die ziemlich durcheinander ist)
 
Poesie verbinde ich in erster Linie mit Literatur. Aber poetisch ist meines Wissens nach auch ein Synonym für "ausdrucksstark", "zauberhaft" und "schöpferisch kunstvoll".
Das finde ich gut! Man könnte vielleicht auch das Attribut "wohlkonstruiert" hinzunehmen.
Meiner Meinung nach hat Sokolov genau so gespielt und zwar von 20:00 h bis 23:00 h (Pause abgerechnet).
Ein solches (zwar "pauschal" klingendes) Urteil, kann meiner Meinung nach vollauf gerechtfertigt sein!

Ich weiß nicht genau, wie das mit Kritiken so ist, aber ein Kritiker muß wohl auch "was schreiben", "hochgestochenen" Lesestoff liefern usw. (falls ich mich da grundlegend irre: Tastenmiki etc., bitte einhaken).

Eine Kritik muß interessant klingen, vielleicht regt eine gute Kritik sogar zum Nachdenken bzw. Hinterfragen an (so, wie es in Deinem Fall geschehen ist).

Viele Grüße.
 

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