Fehlerloses Klavierspiel

Hi,

nee, ich bin noch nicht fertig. ;-)

Absolut fehlerfreies Kl4spiel gibt es natürlich nicht, da die Natur unserer Welt keine absoluten Dinge zulässt (siehe zB Heisenbergsche Unschärferelation). Fehlerfrei kann man nur im Rahmen gewisser Grenzen definieren.

Aber was ist jetzt die "bahnbrechende" Erkenntnis von Viola oder habe ich das verpasst?

Ausserdem ging es ihr um Konzentrationsfehler. Wie kann man die vermeiden (verbessern ;-) )?

Hat eigentlich schon jemand auf das zum Thema passende Buch

The Perfect Wrong Note: Learning to Trust Your Musical Self (Englisch) von William Westney

hingewiesen?

Gruß
 
über Artur Rubinstein ist mal, ich weiß leider nicht mehr von wem, gesagt worden:
mir sind seine falschen Töne lieber als meine richtigen

nun prüfen wir mal, ob Altmeister Rubinstein live immer viele Fehler gemacht hat:

Hut ab! So hinreissend hört man Chopins Barcarolle nur sehr selten, noch seltener live! Wo sind die Fehler?
 
machen wir mal weiter mit Rubinstein live, diesmal was technisch noch schwierigeres, die komplette Trauermarschsonate in Moskau 1.Oktober 1964:
aber bitte vorm kommentieren alles anhören!




vorweg: wer so Klavier spielen kann, ist zurecht unsterblich.

Aber genau hier haben wir bei einem Großmeister der obersten Spitzenklasse genau das, was
@Viola wohl gemeint hat mit dem "ultimativen Fehler": völlig unvorhersehbar und grundlos mitten in einer grandiosen (!) Darbietung ein Schmiss, Blackout, Orientierungslosigkeit. Rubinstein macht in diesem Moment weiter, improvisiert irgendwelche Harmonien, bis die Finger wieder bekanntes Scherzogelände betreten. Und spielt danach ebenso furios wie zu Beginn des Scherzos weiter. Nur damit das klar ist: mit derselben Kraft und Verve, denselben riesigen Steigerungen in der derselben Geschwindigkeit konnten und können nur sehr wenige die Oktaven, Doppelgriffe und Sprünge des Scherzos - wie Rubinstein das angeht und kann, ist über alle Zweifel erhaben.
Man kann nur spekulieren, was da vielleicht zum Blackout just mitten in einer fantastischen Spitzendarbietung geführt hat: hat ihn irritiert, dass ausgerechnet das kultivierte Moskauer Publikum ungewöhnlicherweise nach dem (übrigens auch absolut fantastisch gespielten) ersten Satz applaudiert hatte? ein flüchtiger Moment von Konzentrationsschwäche?

Trotzdem halte ich diese ansonsten nahezu fehlerfreie Interpretation dieser Sonate für eine der allerbesten überhaupt.
 
Und das, obwohl Rubinstein ausgesprochen hoch am Klavier sitzt - etwas, was bei vielen (darunter auch Clavio-Mitgliedern) als No-Go gilt... zumindest doch interessant, oder?
 
Und das, obwohl Rubinstein ausgesprochen hoch am Klavier sitzt - etwas, was bei vielen (darunter auch Clavio-Mitgliedern) als No-Go gilt... zumindest doch interessant, oder?
@hasenbein
ein sehr gewitzter Kommentar... - wie groß war Rubinstein?
...weißt du, wer so spielt (schau dir besonders die letzte Zugabe an) der darf hoch oder tief sitzen, sich ein Helge Schneider Bild auf den Piephahn kleben, barmusikmäßig improvisieren (ja, da gibts ein Video vom Artur), Zigarren rauchen und mehrere Fremdsprachen sprechen ;-)

...fällt dir eventuell noch was mitteilenswertes über das Scherzo der b-Moll Sonate und das Thema hier ein?
 
Nee, jetzt mal im Ernst:

- Hat Rubinstein in seiner Jugend, als er noch nicht der Klaviergott war, erstmal "richtig", also tiefer sitzend, Klavierspielen gelernt und sich das Hochsitzen, gewissermaßen als Marotte, erst später angewöhnt?

- Oder bist Du der Ansicht, dass, wer außergewöhnlich begabt ist, ruhig auch ungünstig sitzen darf (Quod licet Jovi, non licet bovi)?

- Bist Du der Ansicht, dass bei Rubinstein irgendwelche Dinge NOCH besser geklappt / geklungen hätten, wenn er tiefer gesessen hätte?

Zur Größe Rubinsteins: Man sieht doch, dass es keineswegs wegen zu geringer Körpergröße nötig war, so hoch zu sitzen - er hätte ohne Probleme diverse Zentimeter tiefer sitzen können.

Zum Anhören der Sonate habe ich momentan keine Zeit. Vielleicht später irgendwann mal.
 

@hasenbein
ein sehr gewitzter Kommentar... - wie groß war Rubinstein?
...weißt du, wer so spielt (schau dir besonders die letzte Zugabe an) der darf hoch oder tief sitzen, sich ein Helge Schneider Bild auf den Piephahn kleben, barmusikmäßig improvisieren (ja, da gibts ein Video vom Artur), Zigarren rauchen und mehrere Fremdsprachen sprechen ;-)

...fällt dir eventuell noch was mitteilenswertes über das Scherzo der b-Moll Sonate und das Thema hier ein?


für neugierige Rubinstein war ca.160 cm gross :-)
 
machen wir mal weiter mit Rubinstein live, diesmal was technisch noch schwierigeres, die komplette Trauermarschsonate in Moskau 1.Oktober 1964:
aber bitte vorm kommentieren alles anhören (...)
Trotzdem halte ich diese ansonsten nahezu fehlerfreie Interpretation dieser Sonate für eine der allerbesten überhaupt.
Ich danke dir, @rolf, für den spannenden Hinweis. Ich kannte dieses legendäre Konzert bis jetzt nicht. Nachdem ich es mir angehört habe, bin ich begeistert, auch von Rubinsteins Umgang mit dem "Blackout". Da zeigt sich sehr gut, dass es schon schwer zu sagen ist, was eigentlich ein "Fehler" ist und wann und ob er ueberhaupt "schadet", jedenfalls bei einer live-Darbietung. Auf was kommt es da ueberhaupt an? Auf eine sog. "Fehlerfreiheit" im Sinne keine Verspieler oder die Gesamtwirkung? Wäre das Konzert ohne den "Blackout" wirklich beeindruckender oder besser gewesen?
 
Zuletzt bearbeitet:
Hi,

für mich bedeutet das, daß man auch üben muß mit Fehler umzugehen, bei Fehler sinnvoll weiter zu spielen (ist ja nichts neues ;-) ).

In meiner Spielpraxis eines Genußspielers habe ich mich davon verabschiedet ein Stück perfekt, völlig fehlerfrei zu spielen. Stattdessen "freue" ich mich beim Aufführungsüben über jeden auftretenden Fehler, da ich damit üben kann, das Stück trotz Fehler zu beherrschen.

Für Profis mag eine andere Praxis angebracht sein. ;-)

Gruß


.
 
Ich finde, wahre Professionalität beim Klavierspielen ist: Wenn man es trotz Fehler schafft, so weiterzuspielen, als wäre nichts passiert.
:-)
 
Ich finde, wahre Professionalität beim Klavierspielen ist: Wenn man es trotz Fehler schafft, so weiterzuspielen, als wäre nichts passiert.
:-)

Da fehlt noch ein Wörtchen: "Wenn man es trotz bemerkten Fehlers schafft..."

Denn sonst hätte man schon so manchen weniger engagierten Klavierschüler gemäß Deiner Definition eindeutig unter "Profi" einreihen können :-D:coolguy:
 
Da fehlt noch ein Wörtchen: "Wenn man es trotz bemerkten Fehlers schafft..."
@hasenbein
worauf willst du hinaus?
Rubinstein kann eine maßstabsetzende Interpretation der Trauermarschsonate trotz blackout hinlegen*) - was gibt es daran zu kritisieren? Und das kann man in dieser Aufnahme hören. Dass auf Rubinsteins pianistischem Niveau Fragen zur Spieltechnik ebenso absurd wie obsolet sind, zeigt schon allein die Villa-Lobos Zugabe: dieses Stück mag nicht ultraschwer sein, aber kaum wer legt das so locker, spritzig und überzeugend wie Rubinstein hin (und noch dazu mit so einzigartigem Klang!...)

...du sprachst die Sitzhöhe an... warum eigentlich? Es gibt Pianisten wie Rubinstein, Ugorski, Barenboim, die relativ hoch sitzen (Ellenbogen eher höher als Tastenniveau) Es gibt Pianisten wie Benedetti, Perlemuter, Gulda, die quasi "mittel" sitzen (Ellenbogen ungefähr auf Tastenniveau) Es gibt Pianisten wie Horowitz, Gould, die eher niedrig (tief) sitzen (Ellenbogen etwas unter Tastenniveau) - die alle aber können (!) verdammt gut spielen. Sie machen das so, wie es für den jeweiligen Spielapparat am angenehmsten ist.
(ich vermute, worauf du hinaus willst: ich erkläre immer, dass eher niedrig zu sitzen günstiger ist - aber ich weiß, dass das nicht für jeden die angenehmste Haltung ist; und wer anders sitzt, aber schwierige Etüden gut bringt, dem muß niemand an der Sitzhöhe herummäkeln --- warum? Je nach Gewohnheit sind da alle drei Varianten (höher, mittel, niedriger) völlig ok: man erkennt das daran, ob locker und frei gespielt wird oder nicht. Und sei sicher: Rubinstein spielte völlig sicher und verkrampfungsfrei!)

Ich sag´s noch mal ganz deutlich: es gibt hunderte von Trauermarschsonatenaufnahmen - kaum eine davon ist so überzeugend wie Rubinstein live (und der "black out" spielt absolut gar keine Rolle)

Was ist das lehrreiche und schöne an der Rubinstein Aufnahme? Dass irgendwelche zufälligen Mißgeschicke absolut irrelevant sind. Und in diesem Sinn sind die "falschen Töne" Rubinsteins turmhoch besser als die "richtigen, fehlerfreien Töne" des Mittelmaßes!

______________
*) blöde Frage: wer sonst kann das so überzeugend? (überhaupt: bemerkst du irgendwelche technischen und musikalischen Mängel an Rubinsteins Spiel? Wenn ja, würde ich sehr gerne wissen, welche das sein sollen)
 
...du sprachst die Sitzhöhe an... warum eigentlich? Es gibt Pianisten wie Rubinstein, Ugorski, Barenboim, die relativ hoch sitzen (Ellenbogen eher höher als Tastenniveau) Es gibt Pianisten wie Benedetti, Perlemuter, Gulda, die quasi "mittel" sitzen (Ellenbogen ungefähr auf Tastenniveau) Es gibt Pianisten wie Horowitz, Gould, die eher niedrig (tief) sitzen (Ellenbogen etwas unter Tastenniveau) - die alle aber können (!) verdammt gut spielen. Sie machen das so, wie es für den jeweiligen Spielapparat am angenehmsten ist.
(ich vermute, worauf du hinaus willst: ich erkläre immer, dass eher niedrig zu sitzen günstiger ist - aber ich weiß, dass das nicht für jeden die angenehmste Haltung ist; und wer anders sitzt, aber schwierige Etüden gut bringt, dem muß niemand an der Sitzhöhe herummäkeln --- warum? Je nach Gewohnheit sind da alle drei Varianten (höher, mittel, niedriger) völlig ok: man erkennt das daran, ob locker und frei gespielt wird oder nicht. Und sei sicher: Rubinstein spielte völlig sicher und verkrampfungsfrei!

Ich sprach es an, weil ich es ja genauso sehe wie Du hier! Wir sind uns ja völlig einig, auch in bezug auf Rubinstein!

Nur kann ich mich entsinnen, dass hier im Forum Hochsitzen schon ziemlich kritisiert wurde, auch von Dir. Und zwar das Hochsitzen an sich, als per se ungünstiger Faktor.

Wenn Du in Wirklichkeit der Meinung bist, die Sitzhöhe sei letztlich gar nicht entscheidend, sondern ob der Schüler in der eingenommenen Sitzhaltung locker und frei musiziere (ob das der Fall ist, hängt ja dann offenbar von anderen Faktoren als der Höhe ab), dann wäre es super, wenn Du das künftig auch so formulieren tätest. :love::coolguy:

Und ich hoffe, dass die schlechte Stimmung, in der Du Dich diese Nacht offenbar befunden hast (Tonfall / kein einziger Smily) recht bald verflogen ist und Du uns wieder mit Deinem gewohnten Humor beehrst! ;-)
 

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