Es ging nichts mehr

  • Ersteller des Themas french-lesson
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du hast weder beim schwimmen noch beim autofahren derartige nix-geht-mehr-Blackouts (wie auch, sonst wärst du ja längst abgesoffen oder unterm Laster), und sicher ist es besser so herum, als wenn die Blackouts nicht am Klavier sondern beim fahren.... ok? ;-):-)

Aber, auch beim Klavierspiel kann man ganz schön gegen die Wand fahren!

Grundsätzlich ist es so, dass alles was mit Vermeidung und Schönrednerei zu tun hat, die Ängste nur verstärkt.
Erst durch sich wiederholtes Aussetzen der angstmachenden Situation wird die eigenen Psyche erkennen können, dass die Situation nicht gefährlich ist und so die diese Reaktionen auslösenden Ursachen abstellen können, d. h. die Ausschüttung von Adrenalin und anderen Stresshormonen wird durch das eigene Hirn abgestellt werden.

Klingt in der Theorie so einfach, erfordert aber dran bleiben auch wenn es Anfangs Unangenehm ist und wegen Mangels an Vorspielmöglichkeiten zusätzlich erschwert wird.
 
Aber, auch beim Klavierspiel kann man ganz schön gegen die Wand fahren!
mir ist nicht bekannt, dass ein Hobbyklavierspieler jemals mit einem großen Lastzug kollidierte, während er aktiv an einem Klaviervorspiel teilnahm... Solch´ eine Szene wäre berühmt ;-)

natürlich hilft der Allerweltsrat "viel üben" (die Stücke selber und das vorspielen) : je sicherer man etwas kann, umso weniger anfällig wird man für äußere oder selbstgemachte Störungen. Freilich mit der dazu auch benötigten Konzentrationsfähigkeit, ohne die geht das nicht.
 
Wenn man ein Musikstück darbietet, dann gibt man sein allerinnerstes Preis.

Mir hilft beim Vorspielen immer, mir klarzumachen, dass es dabei nicht um mich geht, sondern um das Werk. Mein Auftritt dient (primär) nicht mir und der Demonstration meiner Leistungsfähigkeit, sondern es dient dazu, das gespielte Stück möglichst unverfälscht zum Ausdruck zu bringen. Das heißt, selbst wenn ich etwas von meinem Inneren preisgebe, geht es dabei nicht darum, wie das Werk mir als Person am besten dienen kann, um mich zu zeigen. Sondern die Frage ist, wie ich dem Werk am besten dienen kann, um es zu zeigen.

Meine Erfahrung ist, dass es mich enorm entlastet, wenn ich mit dieser letztgenannten Einstellung an die Sache heran gehe. Denn wenn ich mir klar mache, dass meine Motivation zum Vorspielen die Liebe zu einem bestimmten Stück ist und der Wunsch, diese Musik mir selbst und anderen zugänglich zu machen, dann kann ich beim Vorspielen viel leichter auf die Musik konzentriert bleiben. Auch wenn dann kleinere Fehler passieren, bricht der Fluß des Vortrags nicht gleich zusammen. Wenn ich mich hingegen vor allem selbst zeigen will, dann bin ich von dem Wunsch nach Anerkennung, Zuwendung, Bestätigung o.ä. motiviert und mein Fokus bricht viel leichter weg und bewegt sich nach außen hin, zum Publikum oder zu mir selbst. (Deshalb bin ich u.a. etwas skeptisch in bezug auf pianistische Wettbewerbe.)

Es ist naturgemäß schwierig, diese Perspektive tatsächlich einzunehmen, weil wir uns ja bekanntlich alle nach Anerkennung und Bestätigung sehnen (woran nichts verkehrt ist). Aber ich glaube, wenn man es öfters macht und übt, gelingt es auch zunehmend besser, wenn grundsätzlich die richtige Einstellung da ist. Als Sekundärgewinn hat man dann noch genug Anerkennung, um dieses Bedürfnis ebenfalls zu befriedigen.

Grüße von
Fips
 
Zuletzt bearbeitet:
es ist wie eine "selffulfilling prophesy" : Wenn man beim Vorspielen aufgeregt ist wegen möglicher schlechter Kritik, dann spielt man auch schlecht und bekommt prompt die schlechte Kritik, vor der man "Angst" gehabt hat. Wenn man es hingegen fertigbringt, ausgeglichen zu sein und sich nur dem Musikstück verpflichtet zu fühlen, dann kann man selbst die einfachsten Stücke so überzeugend "rüberbringen", dass man gute Kritik bekommt. Aber dann interessiert die einen auch nicht mehr ;-)
 
Also, ich weiß nicht - self fullfilling prophecy": Ich versuche immer mal wieder, meiner Familie oder Freunden vorzuspielen. Das war am Anfang schlimm, wurde dann etwas besser. Im Februar hatte mein Klavierlehrer ein großes Schülerkonzert organisiert. Ich habe die Gymnopédie Nr. 3 gespielt. Die hatte ich sehr gut eingeübt und hatte eigentlich keine Probleme. Natürlich war ich aufgeregt und hab mich gefragt, warum ich das mache. Aber das war eigentlich noch ne "positive Aufregung". Als ich aber anfing zu spielen, haben meine Hände dermaßen gezittert, dass ich echt Probleme hatte, die richtigen Tasten zu treffen. Und ich übertreibe kein bisschen! Ich hätte gern ein Rezept dagegen. Würde alles probieren, damit mir das so schlimm nicht wieder passiert. :konfus:

LG,
Babs
 
Habe auch an ihn gedacht. Das wäre dann eine Masterclass, nicht mehr ein Vorspielen 'inter pares'...

Liebe/r french-lesson,

Quatsch!! :-)

Ich durfte das schon beim letzten clavio-Treffen in Wien und auch bei Marlene erleben, wie sich einfach jeder nach Lust und Laune ans Klavier begibt, wann ihm/ihr danach ist. So soll es sein! Und wenn man hängen bleibt, dann ist das in so einem Kreis natürlich noch weniger ein Problem - und außerdem, wie ja viele schon geschrieben haben, eine gute Übung für jeden von uns Amateuren. Deshalb, lass Dich durch die Vorspielerfahrung nicht entmutigen, beherzige die Tipps, die es hier gab, freu Dich über das, was schon dieses Mal geklappt hat - Kind im Einschlummmern, Der Dichter spricht, und sicher auch einiges aus den anderen Stücken, die Du gespielt hast!

Wenn es ein Treffen im Raum Zürich-Basel-Freiburg gäbe, wäre ich, wenn es zeitlich passt, auf jeden Fall gerne dabei.

LG,
pianovirus
 
es ist wie eine "selffulfilling prophesy" : Wenn man beim Vorspielen aufgeregt ist wegen möglicher schlechter Kritik, dann spielt man auch schlecht und bekommt prompt die schlechte Kritik, vor der man "Angst" gehabt hat. Wenn man es hingegen fertigbringt, ausgeglichen zu sein und sich nur dem Musikstück verpflichtet zu fühlen, dann kann man selbst die einfachsten Stücke so überzeugend "rüberbringen", dass man gute Kritik bekommt. Aber dann interessiert die einen auch nicht mehr ;-)

Ich weiß nicht, ob das so ist. Es könnte höchstens dann sein, wenn man Kritikern Gewicht beimisst. Aber da wir ja weiter vorn schon gesehen hatten, dass das Publikum ( und dazu gehören auch Kritiker, sofern sie am Vorspiel als Zuschauer teilnehmen ) dem Spielenden egal sein sollte, und man einen übergeordneten Standpunkt einnehmen sollte, fällt das glaub ich nicht ins Gewicht.

Ebenfalls nicht ins Gewicht fällt meines Erachtens, sein Innerstes preiszugeben bei Vorspielen oder anderweitigen Aktivitäten vor Publikum. ( Und zwar allein schon aus dem Grunde, dass dieses berühmte, aber m.E. unsinnige "Innere" gar nicht unbedingt, bzw. sogar wahrscheinlich eher selten bis nie, mit den subjektiv aufgefassten Inhalten des vorzutragenden Stückes übereinstimmt. )

Ich würde das gerne genauer "durchleuchten", denn das, was man vermittelt, resultiert nicht aus den "inneren Herzensgefühlen, die man wahrheitsgetreu in sich trägt", sondern ist folgendes:
Ein aus Lebenserfahrung, Beobachtungsgabe, aus dem, was man erlebt und gesehen hat ( superschönes, oder positives, oder negatives, oder furchtbares ) bestehendes Spektrum an einsatzbereiten "Identitäten", die man abzurufen und zu vertreten jederzeit in der Lage sein sollte.

Zum Beispiel: Von einer Sekunde zur anderen zu wechseln zwischen dem Gesang eines Vogels zum raubtierhaften "Zuschlagen" eines Jaguars, oder eines..egal. Irgendwas wildes.

Vom zarten Säuseln einer liebevollen Kantilenen-Melodie zum vernichtenden Tornado donnernder Oktaven und Akkorde,

man sollte solche Facetten darstellen und - in diesem Punkt stimmt es natürlich - kurzzeitig in ihnen sich spiegeln, mit der Gewissheit: Man kann, falls gewünscht, auch in der Realität solche Facetten annehmen... .
Und wer solche Facetten annehmen kann, der braucht keine Furcht zu haben. Vor nichts.

Wer allerdings noch nie irgendwas gesehen hat und auf keinem Gebiet Kenntnis hat, wird Furcht haben. Denn er kann diese Facetten weder einnehmen, noch darstellen.

LG, Olli
 
Mir ist es eigentlich egal ob da 10 oder 100 Leute sitzen, ich sage mir immer, ich möchte Musik machen, freue mich auf einen wunderbaren Flügel und genieße es. Auf großen Bühnen hat es allerdings schon Vorteile, wenn man wegen der Scheinwerfer die Anzahl an Zuschauern nicht sieht ;)
 
Lieber french-lesson.

vielleicht helfen noch folgende links:

https://www.clavio.de/klavierforum/threads/das-erste-mal.14827/

https://www.clavio.de/klavierforum/threads/zitternde-hand-beim-schuelerkonzert.17867/

https://www.clavio.de/klavierforum/threads/lampenfieber.78/

https://www.clavio.de/klavierforum/threads/vor-publikum-spielen.10394/

https://www.clavio.de/klavierforum/threads/nervositaet-beim-vorspielen.11740/page-5#post-199133

https://www.clavio.de/klavierforum/threads/immer-wieder-die-zittrigen-haende.15240/#post-259681 .

Ich sehe dein Vorspiel keineswegs so negativ, dass nichts mehr ging. Im Gegenteil ging vor allem gegen Schluss eine ganze Menge! Das ist super und keineswegs selbstverständlich. Du hast es offensichtlich geschafft, während des Vorspiels mit der für dich ungewohnten Situation zurecht zu kommen und ich kann dir nur sagen, dass das beileibe nicht jedem gelingt. Aber auch wenn du alles "verkackt" :D hättest - das ist völlig normal und Teil des Erlebens, das sich Vorspielerfahrung nennt. Jeder, der vorspielt, lernt etwas daraus und man sollte diese Erfahrungen, auch wenn sie z.T. sehr unangenehm sind, nicht ausschließlich negativ bewerten. Man lernt daraus! Man kann lernen, sich in bestimmten Punkten noch besser vorzubereiten (eine gute Vorbereitung ist wichtig) und sich selbst bei Vorspielen nicht zu wichtig zu nehmen.

... wie zum Teufel kann ich voll dabei sein und gleichzeitig nicht denken??

Man sollte aber auch annehmen, was kommt!!! Sich nicht verbieten, an etwas nicht zu denken (klappt eh nicht :) ). Lampenfieber und kalte/zittrige Hände als normal annehmen! Nicht dagegen arbeiten!!! Verständnis für sich aufbringen, dass man gern gut da stehen möchte. Sich aber auch klar machen, dass man außerhalb der Musik steht, wenn man sich selbst und die eigene Leistung in den Fokus stellt (s. hasenbein und Fips) und dass ein Loslassen und ein Hineinversenken in die Musik, das eigene Zuhören, wichtig ist. Alle, die zuhören, Publikum und Interpret, werden beim Teilen der Musik, beim gemeinsamen Zuhören, eins. Eigentlich ist es kein Vor-spielen, ich empfinde es eher als ein Mit-spielen.

Schwierig wird's auch, wenn man genau so spielen will, wie man sich das vorgestellt hat. Vorspielen beinhaltet immer auch ein improvisatorisches Moment, welches für Spontanität und Unmittelbarkeit sehr wichtig ist. Schauen, was kommt und reagieren auf das, was kommt, gehört dazu. Aus einem vermeintlichen Fehler, z.B. wenn man eine Stelle seiner Meinung nach zu leise gespielt hat, kann etwas Neues und Unerwartetes entstehen. Meine Lehrerin sagte mir damals, wenn mir eine Stelle nicht gefallen hatte: "warte doch mal, was daraus entsteht. Versuche, aus dieser klanglichen Situation heraus so zu spielen, dass es trotzdem logisch ist." Es gibt keine 100% Zielerfüllung, die sagt, nur so oder so ist es richtig, nur so oder so muss es sein! Wir musizieren!

Sehr hilfreich sind ein paar technische Dinge, wie z.B. vorher tief in den Bauch atmen und bewusst ausatmen. Ein paar Tage vorher schon mal der Familie vorspielen, sich vielleicht auch vor dem Vorspiel so richtig nervös machen (dann wirkt das Vorspiel wie eine Erlösung :D) kann auch helfen. Während des Vorspiels ist der richtige Sitz enorm hilfreich: leider neigt man dazu, bei Angst immer näher an das Klavier zu rücken, was Armfreiheit etc. verhindert. Arme und Hände werden schwer - man klammert sich quasi angsterfüllt am Klavier fest. :D (ach ja, Humor kann generell auch nicht schaden! :)).

Im Gegenteil dazu ist eine aufrechte und freie Sitzhaltung sehr wichtig! Ich habe schon einmal das Bild eines Baumes benutzt, bei dem der Rumpf der Stamm ist, stabil, aber flexibel, bei dem die Arme die Äste sind, die frei schwingen, bei dem der Kopf die Krone ist, aufrecht und stolz. Beim Vorspiel neigt man dazu, sich eher zu ducken - es ist deshalb erforderlich, immer wieder vor allem bei Stellen, die einem schwer fallen, aber auch beim Anfang, sich die eigene Körperhaltung bewusst zu machen, sich bisweilen bewusst aufzurichten und zurückzunehmen, Arme und Hände leicht (!) zu machen und auf eine gute Armführung zu achten (da wird man am ehesten fest und das beeinflusst alles). Das Allerwichtigste zumindest für mich sind aber die Füße bzw. der Fußkontakt mit dem Boden! Besonders der linke Fuß - der rechte ist ja meist am Pedal - hat bei mir in der Regel intensiven Kontakt mit dem Boden, die Fußsohle verschmilzt sozusagen mit ihm und dadurch gewinnt man "Erdung", wenn ich das mal so sagen darf. Bei sehr virtuosen Stellen, aber nicht nur dort, gewinnt man dadurch eine große Stabilität. Die Füße, um bei der Metapher "Baum" zu bleiben, sind also die Wurzeln.

Und dann hilft Erfahrung. Jedes Vorspiel, egal ob ge- oder misslungen oder was dazwischen, ist ein wichtiger Erfahrungswert. Das Gute ist - es geht allen genauso und man findet viel Verständnis und Mitgefühl bei allen Vorspielenden. Man ist nicht allein und man sollte akzeptieren, dass immer unerwartete Dinge passieren.

Man kann aber nach und nach lernen, damit umzugehen.

Viel Freude dabei und liebe Grüße

chiarina
 

Herzlichen Dank für die Links!Ich werde sie mir in Ruhe durchlesen... Und natürlich auch für die Tipps
 

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