Daniel Barenboim und sein neuer Flügel

  • Ersteller des Themas manfredkremer
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Lies dir doch nur mal alle Fäden der letzten Jahre hier im Forum durch :-D

ich gehe von den Erfahrungen der Musiker aus mit denen ich es zu tun haben und dies sind nicht wenige.
Kann mich nicht erinnern, dass ich von diesen in einem so negativen Ton wie jetzt z.B. über Barenboim gezogen wird, je so was wie hier gehört habe, das Positive eines grossen Musikers würde weit im Vordergrund stehen. Kritiken mögen ja berechtigt sein, aber das von Pianojayjay ist mehr als geschmacklos, werde den Eindruck nicht los, dass er sich damit profilieren möchte, zu einem grossen Musiker braucht es allerdings mehr.
 
Seit wann lässt man sich von einem Advokaten den Tag versauen:müde:

Wem 10 falsche Töne wichtiger sind als der Eindruck, welcher die Musik hinterlässt und obendrein immer in Schubladen wühlt, ähnlich die im Büro, gehört eh nicht ernst genommen. :musik:

Lg lustknabe
 
Ich wundere mich schon länger, dass manche Pianisten (oder allgemein Musiker) wie gottgleiche Geschöpfe verehrt werden, wie es u.a. auch @Pianojayjay immer wieder tut. Trifonov und Sokolov sind zweifelsohne sehr herausragende Vertreter ihrer Kunst und Generation. Sie sind ungeheuer begabt, fleißig, leistungsbereit und haben das gewisse Etwas, das ihnen Individualität verleiht. Und sie haben ein funktionerendes Management.

Deshalb muss ich aber noch lange nicht zittern vor Ehrfurcht und Selfies von mir und meiner Konzertkarte im Internet hochladen, und auch Schlagzeilen wie "Der beste lebende Pianist" und andere Superlative (letztens gesehen bei der Zeit) finde ich merkwürdig bis blödsinnig...
Das sind alles "nur" erfolgreiche Menschen, wie es sie in jeder Branche gibt, ob bekannt oder nicht. Sie probieren Dinge aus, manchen Fehler, haben gute und schlechte Tage und ihre positiven und negativen Eigenschaften. Zu denen es auch gehören kann, dass sie zu viel auf einmal machen oder von dem ganzen Erfolg abgehoben wirken. Das schmälert aber ja nicht die Leistung, die sie bereits erbracht haben, was bei Barenboim in jedem Fall ein sehr beachtliches Lebenswerk ist.

Nur mal so als Beispiel, wie unterschiedlich Menschen ticken:
Brahms hat über 40 Streichquartette geschrieben (ich glaube es waren Quartette). Wieviele hat er veröffentlicht? Brahms hat alles verbrannt, was er nicht für absolut erstklassig hielt, damit die Meinung der anderen von ihm hoch ist.
Liszt hingegen hat jede langweilige Liedbearbeitung der Nachwelt hinterlassen und auch viele mittelmßige Stücke veröffentlicht, weshalb er oft nicht so hoch geschätzt wird. Nichtsdestotrotz bleiben seine Spitzenwerke immernoch genauso gut wie sie es auch wären, wenn er die weniger großen Würfe ebenfalls verbrannt hätte. Gäbe es von Liszt ein ähnlich überschaubares Werk wie von Brahms, das nur aus genialen Stücken besteht, würde man wohl auch anders über ihn denken.

Man spielt nicht zufällig einen hervorragenden Klavierabend. Aber es gibt genügend Gründe, warum ein Klavierabend weniger gut gelingen kann.
 
Bei Youtube gibt es einen Mitschnitt aus London in der letzten Woche:



Was mir auffällt beim 1. Eindruck: er spricht viele Töne nicht aus oder kaschiert einiges mit Pedal. Schon die Sechzehntelbewegungen nach einer Minute sind unregelmäßig, den mittleren Ton hört man oftmals nicht. Auch um vierten Satz sind viele Läufe unsauber.... Der Klang des Flügels erinnert mich an den ein oder anderen New York Steinway auf denen ich gespielt habe


Ich komme leider erst jetzt wieder dazu, hier etwas zu schreiben. Was diese Aufnahme betrifft, finde ich zweierlei: Einmal ist das für mich eine wunderbare Interpretation der Sonate, und ich kann das Rumnörgeln an Deteils nicht nachvollziehen. Zum anderen ist die Aufnahme technisch aber dermaßen schlecht (dumpf, die Höhen fehlen), daß man daraus nicht viel über den Klang des neuen Flügels lernen kann.
 
Ich komme leider erst jetzt wieder dazu, hier etwas zu schreiben. Was diese Aufnahme betrifft, finde ich zweierlei: Einmal ist das für mich eine wunderbare Interpretation der Sonate, und ich kann das Rumnörgeln an Deteils nicht nachvollziehen. Zum anderen ist die Aufnahme technisch aber dermaßen schlecht (dumpf, die Höhen fehlen), daß man daraus nicht viel über den Klang des neuen Flügels lernen kann.

Ich finde die Interpretation leider alles andere als wunderbar, und das liegt überhaupt nicht an irgendwelchen technischen Mängeln.
Es gibt schöne Stellen in Barenboims Interpretation, ja – aber die zahllosen Rubati, das rhythmische Gewackel über weite Strecken und die fast immer zu lauten und zu vordergründigen Mittelstimmen klingen manchmal beinahe wie bei einem Amateur. Oder eben wie bei einem Profi, der glaubt, er müsse nicht mehr üben. Ich finde es einfach ziemlich traurig, was Barenboim da abliefert.

LG, Mick
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich wundere mich etwas, mit welchem pianistischen Hintergrund Du mit Deinen 15 Jahren Dir eine solche Einschätzung anmaßt....
 

mit Deinen 15 Jahren Dir eine solche Einschätzung anmaßt....
Mal bissel mehr Respekt vor der Jugend!
Die wenigsten aus diesem Forum können Mick in musikalischer Hinsicht das Wasser reichen*, und Du gehörst ganz sicher auch nicht dazu.

*auf seine pianistischen Fähigkeiten dürfte das auch zutreffen
 
Ich wundere mich schon länger, dass manche Pianisten (oder allgemein Musiker) wie gottgleiche Geschöpfe verehrt werden,
Tja, genau, Du hast mir aus der Seele gesprochen.

Hochbegabung und eine Trainingsintensität sondergleichen bringen bei passend dazu disponierter Ppersönlichkeit eben Höchstleistungen. Ich bin beispielsweise schon ziemlich platt, wenn ich lese, dass der oder die alle Beethovensonaten und das WTK auswendig drauf hat. Das kommt mir schon fast vor wie die bekannten Inselbegabungen der Savants.

Die würde ich allerdings ebenfalls auch niemals mit "Maestro" ansprechen, sondern mit Herr X und Frau Ypsilon.

Wenn die Umgebung und die Fans einen Künstler ewig vergöttern, muss man sich nicht wundern, wenn er irgendwann anfängt, es zu glauben und sich entsprechend benimmt.

CW
 

Der Artikel ist 7 Jahre alt.... Ich kann da kein Lästern finden, die Aussagen zu Barenboim haben für mich etwas wohlwollendes und respektvolles, und ich denke, dass bei aller Kritik die Wertschätzung für die jeweilige Person und eine gewisse Demut in Bezug auf die eigene Person vorhanden sein soll. Auch Profis sind Menschen und Menschen sind nun mal unperfekt.
 
Es gibt schöne Stellen in Barenboims Interpretation, ja – aber die zahllosen Rubati, das rhythmische Gewackel über weite Strecken und die fast immer zu lauten und zu vordergründigen Mittelstimmen klingen manchmal beinahe wie bei einem Amateur. Oder eben wie bei einem Profi, der glaubt, er müsse nicht mehr üben. Ich finde es einfach ziemlich traurig, was Barenboim da abliefert.
Spätestens jetzt bietet sich ein Interpretationsvergleich mit zahlreichen anderen Einspielungen von Artur Schnabel bis Severin von Eckardstein an, um das Gemeinte zu verdeutlichen. Menahem Pressler trifft in dem Interview den Nagel auf den Kopf, wenn er zu erkennen gibt, dass da einem wahrlich begnadeten Künstler Nachlässigkeiten unterlaufen, die im Widerspruch zu seinem immensen Können und Wissen stehen. "Lästern" ist etwas ganz anderes und impliziert nicht einen Ausdruck von Respekt und hoher Wertschätzung. "Er ist ein Genie, er kann mehr als wir alle, als Dirigent wie als Pianist. Aber wenn du nicht übst, dann kannst du nicht mehr spielen", sagt er - ohne angesichts des eigenen Karrierestatus irgendwelches "Lästern" nötig zu haben.

Ein wunderbarer Passus aus dem Interview: "Artur Schnabel hat nicht technisch perfekt gespielt, Alfred Brendel und Radu Lupu auch nicht. Vladimir Horowitz, der war technisch phänomenal, aber perfekt? Nein. Es ist nicht die technische Perfektion, die sie so wunderbar macht – es ist ihre Inspiration" - die Inspiration, der die vordergründigen Unzulänglichkeiten im Wege stehen, schade.

LG von Rheinkultur
 
Beeindruckend finde ich übrigens Presslers letztes Jahr veröffentlichte Einspielung der Sonate. Mit 90 Jahren ist technisch vielleicht nicht mehr alles so möglich wie noch vor 10 oder 20 Jahren, das merkt man auch. Der zweite Satz ist aber absolut einmalig!
 

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