"Chopin-Walzer" "KK IV a Nr. 14" Es-Dur : Von wem ist er ?

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Hallo liebe Clavios,

da ich grad vom Klavier komme, und aus meinem Henle-Buch "Chopin: Walzer" zwei etwas "vernachlässigte" Stücke gespielt habe, nämlich das 18. ( Sostenuto, Es-Dur, KK IV b Nr. 10 ) und das 19. ( Es-Dur, KK IV a Nr. 14 ), und mir in Erinnerung war, dass zu EINEM der beiden Stücke die Frage auftauchte, von wem es wohl sei, las ich - nach Jahren - und nachdem ich beide vorhin gespielt hatte, erneut die betreffende Stelle im Vorwort. Sie bestätigt das, was auch ich - rein gefühlsmäßig - meine:

Das Stück KK IV a Nr. 14 weist Unterschiede zu Chopins sonstigen Verfahrensweisen auf. Ich will hier nicht mein "Feeling" diskutieren, nur so viel: Im "Trio" im 3. Takt, der zusammen mit dem vierten Takt die "Beantwortung" von Takt 1 und 2 darstellen soll, wäre Chopin nicht so primitiv verfahren. Takt 3 und 4 klingen wie ein derber Lederhosen-Ländler-Schuhplattler aus Bayern, nicht wie ein zartes, chopinesques Geflecht, WENNGLEICH wir Anklänge an diese "Tirolienne" / "Ländler"-Teile auch in anderen Werken Chopins finden ( und zwar häufig ... ) , ABER eben feiner.- ( Außerdem klingt der Anfang des fraglichen Werks eher Brahms-ähnlich, und sogar Gottschalk'sche Elemente könnte man ausmachen - aber das sind nur sehr wenige. Moreau scheidet m.E. aus, wg. Zufall. )

Diese Überlegungen meinerseits sollen auch nicht das Haupt-Thema sein, hier.

Meine Frage an Euch lautet daher:

Hat jemand neueste, qualifizierte Informationen aus der Forschung, VON WEM das besagte Stück KK IV a Nr. 14 sein könnte ?

Denn in meinem Henle-Buch, das nicht das neueste ist, steht vorne noch drinne:

Zitat d. Herausgebers ( Ewald Zimmermann ), Sommer 1978:

"Chopin hat siebzehn Walzer komponiert, die alle in dieser Ausgabe enthalten sind. Eine weitere, 1952 in englischem Privatbesitz entdeckte Komposition ist auch heute noch nicht zugänglich und konnte deshalb nicht ebenfalls aufgenommen werden. Der Anhang enthält sodann zwei Walzer in Es-Dur, von denen der erste, mit "Sostenuto" bezeichnete ( KK IV b Nr. 10 ) , nach Ansicht einiger Forscher auch der Gattung der Mazurken ( M.J.E. Brown ) oder der Nocturnes ( J. Chailley ) zugeordnet werden könnte, während für den zweiten ( KK IV a Nr. 14 ) Jan Ekier überzeugend nachgewiesen hat, daß es sich dabei wohl nicht um ein Werk Chopins handelt. Da die Komposition aber noch keinem bestimmten anderen Komponisten zuzuschreiben ist, wurde sie hier mit aufgenommen. [...]"

Wenn wer was weiß, bitte ich um herein damit! :)

Dankäää und LG, Olli!
 
PS.: Jan Ekiers Nachweis / Forschungen, WARUM es nicht von Chopin sein kann, ist / sind mir nicht bekannt.

LG, Olli
 
PS.: Jan Ekiers Nachweis / Forschungen, WARUM es nicht von Chopin sein kann, ist / sind mir nicht bekannt.

Ich vermute, es sind stilistische Gründe. Der Walzer klingt teilweise wie eine Schubert-Kopie. Chopin hätte sicher keinen Walzer komponiert, in dem nur die drei Akkorde der Grundkadenz vorkommen. Brahms übrigen erst recht nicht. Und falls doch, dann hätte er mit den Noten anschließend seine Wohnung geheizt. :lol:

LG, Mick
 
Hallo mick,

danke erstmal für Deine Einschätzung. Jedoch kann mich z.B. bei Brahms der Walzer op. 39,15 ebenfalls nicht vom Hocker hauen. Da ist das KK IV a Nr. 14-Stück fast noch spannender. Aber was ich glaube , ist, dass bei dem fraglichen Stück Chopin eines bestimmt nicht gemacht hätte: In Takt 2, die zweite "b" Oktave. Das klingt belämmert, ...

Aber wie gesagt interessieren mich neueste Forscher-Zitate, bündig und relevant, falls möglich, die dazu vielleicht Stellung nehmen, WER es komponiert haben könnte ( nicht, warum es nicht von Chopin wäre. )

Du sagtest, Schubert bzw. eine Kopie könnte man ins Feld führen..hab grad von Schubert einen "Valse noble" angesehen, und "4 Deutsche Tänze": etwas langweilig für meinen Geschmack...nicht abwechslungsreicher..

Also unmöglich ist die Idee mit der Schubert-Kopie nicht. Den Komponisten würde ich tatsächlich in die etwas südlicheren Gefilde Deutschlands positionieren. Aber das will alles nix heißen. Wer weiß evtl. mehr ?

LG, Olli
 
Hat jemand neueste, qualifizierte Informationen aus der Forschung, VON WEM das besagte Stück KK IV a Nr. 14 sein könnte ?
Kurze Erklärung zum KK-Kürzel: Dahinter verbirgt sich der Name der polnischen Musikwissenschaftlerin Krystyna Kobylańska, die ebenfalls wie Prof. Jan Ekier bereits verstorben ist und die man deshalb auch nicht mehr persönlich befragen kann. Einige Zeit nach der Henle-Edition erstellte sie das erwähnte Werkverzeichnis.

Ich habe hier einmal reingehört:


In den Kommentaren ist die These nachzulesen, das Manuskript stamme auf Umwegen aus dem Nachlass der Familie von Józef Elsner. Der aus Schlesien stammende Lehrer von Chopin mit böhmischen Wurzeln mütterlicherseits hat stilistisch im klassischen Idiom anzusiedelnde Musik geschrieben wie diese:



In stilistischer Hinsicht kommt das Stück daher wie etwas, das aus der Feder eines Schülers des intensiv unterrichtend tätigen Elsner stammen könnte. Aber selbst die frühesten Kompositionen von Chopin hören sich gänzlich anders an - ich gebe zu, das sind reine Vermutungen meinerseits und keine Erkenntnisse aus einem Forschungsprojekt. Vermutlich gab es im zeitlichen Umfeld des Wiener Kongresses etliche eher durchschnittlich begabte Komponisten, die so etwas komponiert haben könnten. Wer weiß...?

LG von Rheinkultur
 
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Hi Rheinkultur,

ja, das wäre bestimmt auch möglich. Außerdem schließe ich mich dem YT-Kommentar zur schönen Elsner-Sonate an: "Ähnlich wie Clementi", aber m.E. auch wie Galuppi, in einigen Teilen. Hmm. Zum fraglichen Werk, dem Walzer KK IV a Nr. 14: Aha, auch Michelangeli hat es gespielt..interessant.. . Trotzdem ists irgendwie nicht der mega-Knüller. Hmm.!

Bin gespannt auf weitere Erkenntnisse!!

LG vom Olli!
 
Der Walzer verwendet (abgesehen vom Trio) exakt dieselben Harmonien wie das Gebet einer Jungfrau. Wenn das mal nicht beweist, dass er von einer gewissen Tekla Badarzewska komponiert wurde!

:super::lol::super::lol::super:

LG, Mick

Das glaube ich nicht, dass er von Badarczewska ist. Takt 25-28 zu männlich, fordernd, 57-64 passt auch nicht so zu T.B. - andererseits ist auch hier T 59 linke Hand für Chopin einfach zu dünne. Obwohl AUCH HIER gesagt werden kann: Es gibt mehrere Stücke von Chopin, die ähnlich klingen. Aber sie sind an solchen Stellen entweder komplexer, oder in einen komplexeren Zusammenhang eingebaut...

hmm. FÜR Badarczewska könnte hingegen eine relativ fluente Oktaventechnik sprechen - die übrigens auch im "Gebet einer Jungfrau" angesagt ist. Aber das Trio...das passt nicht zu ihr. Takt 44 Trio: Triole auf 2. Viertel: Sowas gibts bei Gottschalk, und zwar öfter mal. Aber da es hier nicht "öfter" vorkommt, sondern nur 1 Mal, gibts bestimmt noch andere in Frage kommende. Gottschalk isses bestimmt nicht.

Trioähnliche Strukturen: Gibts ja öfter mal, in Chopins Walzern und auch einigen anderen seiner Werke. Nur sind sie bei den anderen Walzern nirgends als "Trio" bezeichnet. Aber im fraglichen Werk schon.

Zu speziell diesem Trio: Es hat auf jeden Fall Ähnlichkeiten ( oder "soll" vielleicht sogar so ähnlich "klingen" wie im meno mosso von op. posth. 70,1 ( T. 33-48 ), aber in diesem Ges-Dur-Walzer ist diese "Ländler"-Masche Chopins doch wesentlich meisterhafter und ausgereifter komponiert, möchte ich meinen, zumal ja ab T. 49 noch intensiviert wird. Da sieht man also m.E. deutliche Unterschiede.

Hmm. Aber von wem jetzt der FRAGLICHE Walzer ist...hm.

Maaan warum gibts überhaupt "Walzer". ( leise murr )

LG, Olli
 
Zuletzt bearbeitet:
hmm. FÜR Badarczewska könnte hingegen eine relativ fluente Oktaventechnik sprechen - die übrigens auch im "Gebet einer Jungfrau" angesagt ist.
ah ja, so also ist das -- ja wenn an diesem tiefgründigen Gedanken was dran ist, dann sollte man schleunigst die bisher unreflektiert für bare Münze genommene Autorschaft Chopins an der Etüde op.25 Nr.10 h-Moll korrigieren, denn gewiß entstammt diese Etüde der fluenten badarszewskischen Oktaventechnik...
:lol::lol::lol:
 
ah ja, so also ist das -- ja wenn an diesem tiefgründigen Gedanken was dran ist, dann sollte man schleunigst die bisher unreflektiert für bare Münze genommene Autorschaft Chopins an der Etüde op.25 Nr.10 h-Moll korrigieren, denn gewiß entstammt diese Etüde der fluenten badarszewskischen Oktaventechnik...
:lol::lol::lol:

na die Oktavenetüde natürlich nicht. ( obgleich es welche gibt, die Oktaven mögen und die Etüde gern spielen , und auch mehrmals hintereinander. Z.B. ich. Aber das war erst so, nachdem ich etwas älter war und die Hände weiter greifen konnten. Vorher wars sehr sehr hart, zuALLERerst mochte ich sie nicht. ) . So intensiv sind die Oktaven beim "Gebet" nicht, das stimmt. Aber trotzdem wollen sie leicht und geschmeidig sein.

Zusätzlich gibts doch bei der Oktavenetüde sicherlich Zeitzeugen und Nachweise, dass sie von Chopin ist. Nicht zuletzt derjenige Nachweis, dass sie sich in op. 25 befindet.

Beim fraglichen Walzer schaut das, wie bereits gesagt, nicht so eindeutig aus.

Was meinst Du, @rolf , von wem er ist?
 

1. ) Viel Geschreibsel ... hm?! fehlen da nicht noch ein paar Walzer? Zu Deiner Frage, nö ich kann nicht helfen, sorry. 2. ) Trotzdem wünsche ich Dir eine Gute Besserung für das Jahr 2015!

Hallo,

Zu Punkt 1:

wie Du evtl. ( nicht ) verstanden bzw. nicht gelesen hattest, habe ich aus dem Vorwort meines Henle-Walzer-Bandes zitiert. Ich hatte eingeräumt, dass es nicht der neueste Henle-Band ist, und dass das Vorwort mit der Jahreszahl 1978 vermerkt wurde.

Und zum Stand der Dinge 1978 hat Chopin 17 Walzer komponiert, eine weitere Komposition war nicht zugänglich, da sie in Privatbesitz war, und zwei weitere Stücke, nämlich die beiden, die ich oben explizit erwähnt hatte - sie tragen im Band die Nummern 18 und 19 und befinden sich im ANHANG - sind zusätzlich zu den 17 erwähnten ebenfalls mit im Band enthalten.

Bei 4 Walzern aus den 17, nämlich Abschiedswalzer op. posth. 69,1 As-Dur, ferner op. posth. 69,2 h-Moll, op. posth. 70,1 Ges-Dur und op. posth. 70,2 f-Moll sind ZUSÄTZLICH zur Fassung nach der Eigenschrift jeweils die Fassungen nach Fontana, Chopins Freund ( den übrigens auch Gottschalk persönlich kannte und ihm ein oder 2 Werke widmete ), enthalten, wobei jeweils die Eigenschrift den Zusatz z.B. "a" nach der Nummer im Buch trägt, die Fontana-Fassung den Zusatz "b".

So dass insgesamt und ungeachtet dessen 23 "Werke" im Band enthalten sind, wenn man sie zählt.

Nun meine Frage an Dich, @Faulenzer : Welche fehlen ?
Das hier ist ein THREAD, und wenn welche fehlen, dann nenne sie bitte.

___

Zu Punkt 2: Warum "Gute Besserung" ? Verstehe ich nicht.

LG, Olli.
 
@LMG
gibt´s die drei online?
- Verzeichnis nach Krystyna Kobylańska KK (K)
- Verzeichnis nach Maurice J. E. Brown
(Brown Index) B (BI)
- Verzeichnis nach Józef M. Chomiński

Hi Rolf,

weiß ich nicht, ich war eben an der Gershwin-Sache. Ich gucke mal. Es gibt aber auf jeden Fall auf einer Seite, die ich im "Recherchemittel und Methoden" -thread mal vermerkt hatte, eine Page mit Werkeverzeichnissen div. Komponisten. Auch Chopin ist bestimmt dabei.

Wenn, dann wären sicher auch aktualisierte Kobylanska- , Brown- und Chominski-Verzeichnisse spannend für uns, falls es die gibt. Nicht die von anno dunnemals, oder gar Fehldrucke wie dem Kobylanska-Verzeichnis-Exemplar ( wahrscheinlich ne ganze Charge ), das mir mal in meiner Ausbildungsbibliothek aufgefallen war, wo gerade die Seite mit der FUGE a-Moll, die ich so mag, ein LEERDRUCK ( Fehler !) war ! Das gab riesen-Bohei *ggggg* - meine Ausbilderinnen sprangen im Kareee :):):) An ner anderen Biblio wurde extra eine Kopie der fehlenden Seite geordert , die ich dann einkleben durfte :):)

Waren sie nicht alle lieb zu mir ?

Fragt: Olli, nachdenklich.

LG, Olli!
 
So, hier ist eine page, die mir ganz OK aussieht, @rolf .

http://www.ourchopin.com/list.html

Oben, im ersten Abschnitt des Einführungstextes, kann man txt-sites eines Brown-Index, eines Chominski-Indexes und eines ( mangelhaften, da nur rudimentären und sehr unübersichtlichen ) Kobylanska-Indexes abrufen.

Soweit ERSTMAL.

Uns interessiert der Walzer Es-Dur, der oben in der Threadfrage gefragt ist...und von wem er wohl sein könnte.

Jan Ekier hatte nachgewiesen, dass er wohl nicht von Chopin ist.

Nun wird aber noch zusätzlich auf der o.a. Page eine m.E. AKTUALISIERTE Gesamtliste, auf Basis aller drei Verzeichnisse ( Brown, Chominski, Kobylanska ) UND evetntuell neueren Erkenntnissen gebracht, die Ihr vor Euch habt, wenn Ihr die Seite runterscrollt:

Dort ist z.B. auch das vor kurzer Zeit entdeckte "Teufelstriller"-Prelude mitaufgeführt, und auch ein neuer Walzer, fis-Moll, soll "recently discovered" worden sein. So weit so gut:

Es wird ein Es-Dur-Walzer genannt, ( es müsste sich um den von mir in der Threadfrage angefragten handeln, denn es gibt nur 2 Es-Dur-Walzer im Chopinbereich: Den Grande valse Brillante und eben den mich interessierenden, abgesehen vom Klavierstück Es-Dur, das hier irrelevant ist:

Der auf der page genannte Es-Dur-Walzer sei Emily Elsner gewidmet, EBENSO wie ein aufgeführter As-Dur-Walzer, bei dem es sich wahrsch. um KK IV a, Nr. 13 handelt. Emily Elsner könnte was mit Chopins Lehrer, Elsner, zu tun haben ( verwandt ).

Wäre dem so, widersprächen die Erkenntnisse der Page den Ergebnissen von Jan Ekier, und der Walzer wäre wohl in jüngster Zeit evtl. doch Chopin zugeordnet worden. ( ? )

Außerdem hätten wir dann AUßER der Berceuse und einem anderen Walzer ( die beide einer spannenden Person namens Elise Gavard gewidmet sind, danke f. d. Info nochmal, an Weas ;) ) ,WEITERE z w e i Stücke, die EIN und DERSELBEN PERSON gewidmet wären ( nämlich Emily Elsner ). Interessant, oder, @Wiedereinaussteiger ? :)

Aber ob dem auch alles so ist.... . Mal sehn. Hab bisher nur oberflächlich geguckt, meine Konzentration lässt etwas nach, heute, z.B. um die Stücke eindeutig zu identifizieren anh. Kompositionsdatum / Vgl. mit Henle usw.

Für heute reichts mir erstmal.

LG, Olli!
 
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