Benutzung des linken Pedals vereinfacht den Anschlag - woran könnte das liegen?

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Birgit2901

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Hallo liebe Forumsmitglieder,

dies ist mein erster Beitrag hier - mitlesen tue ich allerdings schon eine ganze Weile und möchte erstmal Danke sagen für die vielen interessanten Infos :-)

Ich bin Wiedereinsteiger und habe mir ein Pfeiffer-Klavier 138 Bj. zwischen 1901 und 1905 gekauft, nachdem ich mich in diesen speziellen "alten" Klang verliebt hatte. Es spielt sich "eigentlich" gut, ist recht leichtgängig im Anschlag und klingt kraftvoll, besonders die Bässe - geplant sind dennoch einige Restaurierungen.

Z.B. möchte ich die Mechanik noch nachregulieren lassen, weil ich mit der Zeit gemerkt habe, dass einzelne Tasten schwerer reagieren - und ich möchte in absehbarer Zeit die Hammerköpfe (die offenbar mehrere Jahrzehnte auf dem Buckel haben, ein Techniker der Firma Pfeiffer - ich habe es aber nicht dort gekauft - vermutete eine Generalüberholung in den 60ern) neu befilzen lassen, da einige Töne der Mittellage und des Diskants schon etwas metallisch und hart klingen, und Intonieren nur kurzfristig eine Verbesserung gebracht hatte.

Allerdings merke ich nun, nachdem ich viel übe und mich auch wieder an Praller und Triller wage, dass ich (besonders mit manchen Tasten - mit anderen weniger) damit Probleme habe. Interessanterweise kann ich diese Verzierungen aber deutlich besser und leichter spielen, wenn ich das linke Pedal gedrückt halte, weil die Tasten gleichmäßiger reagieren!

Das Klavier wird dadurch nicht wesentlich leiser - und das Klangbild erscheint mir sogar angenehmer, ausgewogener, gleichmäßiger, als ohne linkes Pedal. Darüber bin ich etwas überrascht, und vielleicht weiß von Euch jemand, woran das technisch gesehen liegen könnte?

Ist das "Selbstbetrug" (und ich sollte mir einfach Mühe geben, die Verzierungen ohne linkes Pedal zu üben) oder könnte es tatsächlich an einer nicht idealen Regulierung oder sonstigen Problemen der Mechanik liegen? Wie gesagt - klappt es mit den Prallern und der Repetition allgemein bei manchen Tasten besser (mit gleichem Fingersatz) als bei anderen, darum dachte ich, es könnte an der Mechanik liegen.

Dass der Klang harmonischer wird, verführt mich natürlich auch zur Verwendung des linken Pedals ..

Ich möchte noch anmerken, dass am Diskantsteg und Mittellage ein Einflechtband bei den Saiten fehlt, das demnächst noch angebracht werden soll. Davon erhoffe ich mir auch einen schwebungsärmeren Klang, vermute aber, dass die Filze wirklich erneuert werden müssen, wie mir auch geraten wurde.. Bei diesem Klavier lohnt sich das bestimmt.

Ich bin gespannt auf Eure Ideen :) Danke im voraus und liebe Grüße
Birgit
 
Naja gibst du dir die Antwort nicht schon selbst? Die Mechanik gehört wie du selbst sagst überholt, mit dem linken Pedal näherst du bei einem Pianino die Hammerköpfe näher an die Saiten, dadurch wird der Klang leiser, anders als bei der Verschiebung beim Flügel (wo auch der Klangcharakter etwas geändert wird), so ein sostenuto Pedal ist auch bei Flügeln sehr praktisch wird aber nur von Fazioli (und neuerdings glaub ich Steingräber) eingebaut.
Wenn der Klang leiser ist, ist er für dich dann besser kontrollierbar.
Man gewöhnt sich dann aber zu viel und falschen linken Pedalgebrauch an, ist also nicht so ideal, Mechanik überholen lassen wie vorgesehen.
 
Interessanterweise kann ich diese Verzierungen aber deutlich besser und leichter spielen, wenn ich das linke Pedal gedrückt halte, weil die Tasten gleichmäßiger reagieren!
Das linke Pedal verkürzt den Weg des Hammers.
Normalerweise entsteht durch das Annähern der Hämmer an die Saiten auch etwas mehr Luft zwischen Pilotenschraube und Hebeglied. Bis die Taste dann die Mechanik bewegt, hast Du schon ein wenig Schwung in der Taste und das Spielgefühl scheint leichter.
Grüße
Toni
 
mit dem linken Pedal näherst du bei einem Pianino die Hammerköpfe näher an die Saiten, dadurch wird der Klang leiser, anders als bei der Verschiebung beim Flügel (wo auch der Klangcharakter etwas geändert wird),
wenn es nur das wäre...

das linke Pedal bei einem Pianino hat obendrein die tückische (!) Eigenschaft, den Druckpunkt (also das direkt spürbare bewegen des Hammers) weiter unten in der Taste erst wirksam zu machen, d.h. man kann die Taste 2-3mm nach unten bewegen, ohne dass das irgendeine mechanische Reaktion hervorruft. Damit wird eine piano Spielweise erleichtert/simuliert, die darin besteht, am Flügel die Tasten schon etwas eingedrückt (nach unten) zu haben, bevor dann der auf diese Weise näher an die Saiten gebrachte Hammer losgeschickt wird. Das tief in den Tasten spielen beim Flügel (Tasten halb eingedrückt), was man für leise Tremoli etc braucht, wird mit linkem Pedal am Pianino quasi simuliert - das ist für das spielen keine glückliche Lösung (am Flügel kann man mit und ohne Verschiebung tief in den Tasten ppp tremolieren und trillern, am Pianino wird der Kontakt von Taste zu Hammer verändert)
 
Herzlichen Dank Euch für Eure schnellen und ausführlichen Antworten! Ich werde die Mechanik natürlich baldmöglichst überholen lassen. Möchte mir ja nichts Falsches angewöhnen beim Spielen und empfinde es auch irgendwie als "unnatürlich", Stücke dauernd mit dem linken Pedal zu spielen.
 
Das Phänomen, dass die Mechanik eines alten, überholungsbedürftigen Klaviers (verhärtete bzw. nicht mehr vorhandene Filze) mit dem linken Pedal angenehmer wirkt, gibt es nicht nur bei leisen Tönen. Tiefer in den Tasten spielen ohne linkes Pedal auf solchen Klavieren hat auch nicht den gleichen Effekt. (Streng genommen hat ein Klavier auch keinen Druckpunkt.)

Mein Eindruck bisher war, dass das Phänomen damit zusammen hängt, dass mit dem linken Pedal die Hämmer keinen so weiten Weg zurück in die Ausgangsposition haben. In der Ausgangsposititon stehen die Hämmer auch vertikaler als normal, man muss beim Anschlag also weniger Schwerkraft überwinden. Durch den veränderten Winkel der beweglichen Teile, sind die Filze an den Kontaktstellen auch weniger abgenutzt und sind weicher oder weniger verformt.
 
so ein sostenuto Pedal ist auch bei Flügeln sehr praktisch
Ich dachte immer, "Sostenuto" sei eigentlich ein (weitgehend) feststehender Begriff und meine üblicherweise das mittlere Pedal beim Flügel, also das "Steinway-Pedal". Das linke Pedal heißt "Una Corda" beim Flügel, beim Klavier mitunter auch einfach nur "Leise-Pedal"; einen richtig tollen Fachbegriff dafür weiß ich grade gar nicht, wäre mal interessant, wie das Ding "richtig" heißt. Ansonsten gibt es tatsächlich wohl bei Fazioli Flügel, die über Dämpferpedal, Sostenuto (also das Steinway-Pedal, manchmal wohl auch "tonal" pedal), Una Corda und ein klavierartiges "Leise-Pedal" verfügen, das stimmt. War mir neu, habe gerade staunend Bilder beim Hersteller angeguckt. :-D
 
Ein kleines Update: momentan ist mein Klavier "stumm" und die Mechanik beim Klavierbaumeister - es bekommt neue Hämmer (von Abel).

Ich zähle die Tage bis zum Termin nächste Woche, an dem alles vollends gemacht wird (Einbau, evt. Intonation, Regulierung der Mechanik) und bin sehr gespannt, was das dann für einen Unterschied machen wird.

Liebe Grüße :)
 

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